Die Summe der einzelnen Teile
Die Fundplätze am UNESCO-Welterbe Niedergermanischer Limes
Insgesamt 44 archäologische Fundplätze in den Niederlanden, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz bilden seit dem Sommer 2021 die UNESCO-Welterbestätte „Grenzen des Römischen Reiches – Niedergermanischer Limes“, 24 davon liegen in Nordrhein-Westfalen sowie einer in Rheinland-Pfalz. Wo liegen sie und was zeichnet sie aus?
Ein Stück des Wehrgrabens des Keekener Lagers im Luftbild.
B. Song/Ruhr-Universität Bochum.
Kleve-Keeken
Militärstandort an der Trennung von Rhein und Waal
Heute verläuft an der Trennung von Rhein und Waal die Grenze zwischen den Niederlanden und Deutschland. In der Antike war dies ein Knotenpunkt von enormer strategischer Bedeutung, eingerahmt von mehreren Lagern. Luftbildern verdanken wir hier die jüngste Entdeckung auf deutscher Seite bei Kleve-Keeken: ein ungewöhnlich großes Lager, umgeben von einem doppelten Graben.
Schnitt durch den Straßenkörper
der Limesstraße.
H. Berkel/LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland.
Kleve-Reichswald
Die Limesstraße – Hauptverkehrsachse im Rheintal
Im Reichswald bei Kleve befindet sich der außergewöhnlich gut erhaltene Straßendamm der Limesstraße, welche die Hauptverkehrsachse im Rheintal darstellte. Der Straßenabschnitt ist ein bedeutendes Beispiel für die hochentwickelte römische Ingenieurskunst und ein Zeugnis der Bemühungen Roms, die zivilen und militärischen Plätze am Niedergermanischen Limes miteinander zu verbinden
Im Getreide zeichnen sich die Gräben
des Lagers am Westrichhof deutlich ab.
B. Song/Ruhr-Universität Bochum.
Till-Moyland
Lagervielfalt am Niederrhein
Bei Till-Moyland befindet sich einer der größten Militärplätze am Niedergermanischen Limes. Auf einer Strecke von über 2 km reihen sich hier Lager ganz verschiedener Größen, Ausbaustufen und Funktionen. Dazu zählt zum Beispiel ein ungewöhnlich stark befestigtes Lager am Westrichhof, das für die große strategische Bedeutung des Platzes steht.
Lebensbild des Heiligtums auf dem Kalkarberg.
M. Kriek, BCL Archaeological Support, Amsterdam.
Kalkar-Kalkarberg
Eine germanische Göttin für römische Soldaten
Das Heiligtum auf dem Kalkarberg besteht aus einem heiligen Bezirk, in dem sich ein Tempel sowie weitere Gebäude befanden. Aus Inschriften ist bekannt, dass hier Soldaten aus der Umgebung die germanische Kriegsgöttin Vagdavercustis verehrten. Unter den Funden sind auffallend viele militärische Ausrüstungsgegenstände, bei denen es sich offenbar um Weihegaben an die Göttin handelt. Diese erlauben Einblick in die religiösen Vorstellungen und rituellen Praktiken.
Reiterlager Burginatium
im Magnetogramm.
L. Berger, St. Bödecker, E. Rung/LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland, Deutsches Archäologisches Institut.
Kalkar-Bornsches Feld
Ein Reiterkastell am Niederrhein
Bei Kalkar lag das Reiterlager Burginatium mit seiner ausgedehnten Zivilsiedlung. Magnetometerprospektionen machen deren Spuren sichtbar und zeigen eine hervorragende Erhaltung. Dank geoarchäologischer Untersuchungen konnte hier der antike Rheinverlauf nachgewiesen werden. Davon ist der kleine Leybach übriggeblieben, der für eine hervorragende Erhaltung organischer Materialien am einstigen Uferbereich sorgt. Sogar extrem selten nachgewiesene römische Pferdeäpfel gehören dazu. Diese sind nicht ansehnlich, für die Umweltgeschichte aber ein richtiger Schatz an Informationen.
Übungslager im Uedemer Hochwald.
St. Bödecker/LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland, Kartengrundlage ©Geobasis NRW 2019.
Uedem-Hochwald
Ein Manöverareal der Römischen Armee
Dreizehn römische Übungslager haben sich im Hochwald bei Uedem hervorragend erhalten. Sie wurden von den Soldaten aus dem Legionslager Vetera castra bei Xanten angelegt, um Schanzarbeiten zu üben. Wichtig für die Legionäre am Rhein, von denen ja die wenigsten je einen Kriegseinsatz erlebt hatten. Heute sind die Wälle an vielen Stellen sehr gut im idyllischen Hochwald zu erkennen und zu erwandern. Im gesamten Römischen Reich ist diese Anzahl und Erhaltungsqualität bislang unerreicht.
Übungslager bei Wesel-Flüren.
St. Bödecker/LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland, Kartengrundlage ©Geobasis NRW 2019.
Wesel-Flüren
Zu Land und zu Wasser
Vier römische Übungslager haben sich auch bei Wesel-Flüren erhalten. Besonders an ihnen ist die Lage auf der rechten Rheinseite. Offenbar übte man auch Flussübergänge, wahrscheinlich auf Pontonbrücken, wie der Schriftsteller Cassius Dio für die Rheinlegionen berichtet. Bei Wesel-Flüren setzten auch Karl der Große, Prinz Moritz von Oranien und Winston Churchill über den Rhein. Der Rhein bei Flüren war quasi immer ein Nadelöhr in der Geschichte Europas.
Lebensbild der CUT.
Faber Courtial GbR Darmstadt für LVR-Archäologischer Park Xanten.
Xanten-Colonia Ulpia Traiana
Die Großstadt am unteren Niederrhein
Nördlich des heutigen Xanten lag die Colonia Ulpia Traiana, unter Kaiser Trajan um 100 n. Chr. gegründet. Das antike Stadtgebiet ist heute Deutschlands größtes archäologisches Freilichtmuseum. Schutz des Bodendenkmals und Erlebbarmachung antiker Stadtkultur für eine breite Öffentlichkeit gehen hier Hand in Hand, gerade für UNESCO-Welterbstätten ein besonders wichtiger Anspruch.
Xanten-Fürstenberg
Roms größtes Legionslager
Im Süden der Stadt Xanten liegt auf dem Fürstenberg Roms größtes Legionslager: Vetera castra. Das zugehörige Amphitheater, dessen Ränge aus mächtigen Erdwällen bestehen, zählt zu den am besten erhaltenen seiner Art und wird heute immer noch genutzt.
Alpen-Drüpt
Kontrollstation nahe der Lippe
Ein Kastell bei Alpen-Drüpt zeichnete sich im November 2016 überraschend deutlich im Klee ab. Äußerst plastisch traten die Räume von Stabsgebäude, Kommandeurswohnung und eines Speicherbaus hervor. Das Kastell schließt nun eine in der Forschung bis dahin noch vorhandene Lücke zwischen den Militärlagern von Moers und Xanten.
Lebensbild der Hauptstraße der Zivilsiedlung von Asciburgium mit Blick auf das Südtor des Kastells.
B. Song/Ruhr-Universität Bochum.
Moers-Asberg
Asciburgium ‒ Einer der frühesten Militärstandorte am Rhein
Das antike Asciburgium hat sich bis heute im Namen Asberg erhalten. Den Ausgrabungen hier verdanken wir besonders detaillierte Einblicke in frühe Entwicklungsphasen am Niedergermanischen Limes, als die Lager noch vollständig aus Holz bestanden.
Lage des Kleinkastells innerhalb einer antiken Rheinschleife.
R. Gerlach, R. Lubberich/LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland.
Duisburg-Werthausen
Kleinkastell auf dem rechten Rheinufer
Das Kleinkastell von Duisburg-Werthausen hat über 100 Jahre nach seiner Entdeckung noch für eine echte Überraschung gesorgt. Neueste paläogeographische Untersuchungen zum antiken Rhein zeigten nämlich, dass es in einer engen Flussschleife lag – und zwar am rechten Rheinufer. Kleinkstelle sind bei römischen Landgrenzen sehr häufig, an Flussgrenzen aber selten. So klein das Lager auch war, seine Bedeutung für unser Verständnis, wie die Römer den Fluss als Grenze betrachtet haben, ist gar nicht hoch genug einzuschätzen.
Rekonstruktion des Lagers Gelduba in der Spätantike.
M. H. Kriek/Universiteit van Amsterdam für LVR-Archäologischer Park Xanten.
Krefeld-Gellep
Gelduba ‒ 450 Jahre römische Präsenz in Krefeld
Gellep – Gelduba: Auch hier zeigt sich die Namenskontinuität römischer Garnisonsorte am Rhein. Gerade Krefeld-Gellep ist ein prominentes Beispiel für die Tradition rheinischer Orte über die Antike hinaus.
Pionier Constantin Koenen im Neusser Legionslager
LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland.
Neuss-Koenenlager
Pioniertat und Blaupause für die archäologische Forschung
Das Legionslager Novaesium, das heutige Neuss, gilt als die Blaupause römischer Legionslager. Um 1900 hatte der Neusser Autodidakt und Pionier archäologischer Feldforschung Constantin Koenen mit nur schmalen Grabungsschnitten – äußerst denkmalschonend – den Grundriss erschlossen. Zu recht ist das Lager auch international als „das Koenenlager“ bekannt und viel beachtet.
Rekonstruierter Wachtturm auf dem Reckberg.
S. Held/LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland.
Neuss-Reckberg
Auf Sand gebaut
Auf dem Neusser Reckberg unweit südöstlich des sog. Koenenlagers befinden sich ein Kleinkastell und ein Wachtturm. Sie runden die große Bandbreite römischer Anlagen ab, deren Größen sich zwischen den 16 m² des Wachtturms und den 26.000 m² des Legionslagers bewegen.
Blick auf erhaltenes römisches Bruchsteinmauerwerk in Haus Bürgel.
J. Morscheiser/LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland.
Monheim-Haus Bürgel
Spätrömische Militärarchitektur am Rhein
Ein Kleinod ganz besonderer Art ist das spätantike Kastell Haus Bürgel. Die Wehrmauern sind immer noch bis zu einer Höhe von 4 m erhalten, so hoch wie an keinem anderen Kastell am Rhein. Sie prägen bis heute das Erscheinungsbild des Gutshofs im Naturschutzgebiet Urdenbacher Kämpe. Das Kastell ist zugleich ein viel besuchter Erlebnis- und Lernort: Historische Kaltblüterzucht, biologische Station und römisches Museum bilden eine Symbiose, auch aus ehren- und hauptamtlichem Engagement, für das der UNESCO-Titel der würdige Ritterschlag war.
Original und Rekonstruktion der bronzenen Helmmaske.
J. Vogel/LVR-LandesMuseum Bonn.
Dormagen
Ross und Reiter
Dormagen trägt noch heute seinen antiken Ursprung im Namen: Durnomagus war im 2. Jahrhundert ein wichtiger Reiterstandort. Und von Ross und Reitern haben sich hier herausragende Funde und Befunde erhalten. In Dormagen konnte man erstmals durch Ausgrabungen nachweisen, dass die 500 Pferde einer solchen Reitereinheit innerhalb der Kasernenbauten untergebracht waren.
Digitale Rekonstruktion des Kölner Praetoriums.
Zs. Vasáros, G. Nagy/Technische und Wirtschaftswissenschaftliche Universität Budapest.
Köln-Praetorium
Gebaute Macht am Rhein
Das Praetorium in der Colonia Claudia Ara Agrippinensium, dem heutigen Köln, war Sitz des Statthalters, also des direkten Vertreters des römischen Kaisers und somit zivile und militärische Schaltstelle der Provinz Germania inferior.
Das modern aufgemauerte Osttor von Divitia.
U. Karas/Römisch-Germanisches Museum der Stadt Köln.
Köln-Deutz
Vorgeschobene Lage im Feindesland
Direkt gegenüber dem Sitz des Provinzstatthalters weihte Kaiser Konstantin 315 n. Chr. auf der anderen Rheinseite eine mächtige Brückenfestung ein, Divitia, das heutige Deutz.
Blick auf die Ausgrabungsarbeiten im Flottenkastell Alteburg
Römisch-Germanisches Museum der Stadt Köln, Rheinisches Bildarchiv
Köln-Alteburg
Hauptstützpunkt der classis Germanica
Im Süden der heutigen Stadt Köln befindet sich das einzige gut erforschte Flottenkastell des gesamten Römischen Reiches. Es war Hauptquartier der classis Germanica, der römischen Rheinflotte, die u. a. bei der Überwachung des Rheins eine tragende Rolle spielte. Aufgrund seiner langen Forschungsgeschichte ist das Flottenkastell Alteburg von herausragender Bedeutung für das Verständnis der Flussgrenze.
Laserscan der Übungslager 3 bis 12 im nördlichen Kottenforst.
St. Bödecker/LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland, Kartengrundlage ©Geobasis NRW 2018.
Kottenforst-Nord
Temporäre Lager im Kottenforst
Im Kottenforst liegen mehrere sehr gut erhaltene Übungslager, wie sie auch vom Niederrhein zahlreich bekannt sind. Während es dort die Xantener Legionen waren, war es im Kottenforst die Truppe aus dem nahen Bonner Legionslager, die beim Üben von Schanzarbeiten ganz unbeabsichtigt Spuren für die Ewigkeit geschaffen hat. Gut geschützt im Forst lässt sich hier erkunden, wie römische Soldaten in den langen Friedenszeiten beschäftigt wurden.
Bonn
Einer der wichtigsten Militärstandorte am Rhein
Das Standlager der Bonner Legion prägt noch heute das moderne Straßenraster von Bonn-Castell. Über 400 Jahre war das Legionslager Bonna belegt. Es ist einer der römischen Orte am Rhein mit der längsten kontinuierlichen Geschichte.
Reliefdarstellung des Übungslagers Heiderhof.
St. Bödecker/LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland, Kartengrundlage ©Geobasis NRW 2018.
Kottenforst-Süd
Üben für den Ernstfall
Im Kottenforst liegen mehrere sehr gut erhaltene Übungslager, wie sie auch vom Niederrhein zahlreich bekannt sind. Während es dort die Xantener Legionen waren, war es im Kottenforst die Truppe aus dem nahen Bonner Legionslager, die beim Üben von Schanzarbeiten ganz unbeabsichtigt Spuren für die Ewigkeit geschaffen hat. Gut geschützt im Forst lässt sich hier erkunden, wie römische Soldaten in den langen Friedenszeiten beschäftigt wurden.
Einer der Kalkbrennöfen von Bad Münstereifel-Iversheim.
E. Rung/LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland.
Iversheim
Kalk für die Römische Armee
In Bad Münstereifel-Iversheim hat sich in einzigartiger Weise eine römische Industrieanlage erhalten. Die 30. Legion aus Xanten hat hier in mehreren Öfen Kalk hergestellt. Inschriften bieten darüber hinaus viele Einblicke in die Organisation römischer Bautrupps, die stark auch in öffentliche Baumaßnahmen eingebunden waren. Dieses Denkmal ist dank des großartigen ehrenamtlichen Engagements der Öffentlichkeit sehr gut zugänglich.
Architekturteile und Funde aus dem Kastell Rigomagus im Römischen Museum Remagen.
Stadt Remagen.
Remagen
Rigomagvs ‒ 450 Jahre Militärstandort
Unweit der Provinzgrenze zu Obergermanien liegt das Hilfstruppenkastell Rigomagus. Es bildet den südlichen Endpunkt in der Kette der Militärstandorte am Niedergermanischen Limes.